Außerschulischer Lernort Kaiserdom Königslutter erhält den Internationalen TRANSROMANICA- Preis 2024

Foto: Anita Siemens, Koordination Tourismusnetzwerk Sachsen-Anhalt/Digitalisierung von links : Maria-Rosa Berghahn, Direktorin Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, die Preisträgerinnen Dr. Birgit Heinz, Christine Jahn und Kathrin Schneider sowie Annemarie Schmidt, Geschäftsführerin Transromanica
Laudatio von Annemarie Schmidt, Managing Director, TRANSROMANICA e.V., Cultural Route of the Council of Europe, Preisverleihung am 04.05.2024 in Seehausen
Sehr geehrte Gäste, liebe Festgemeinde,
es ist mir eine große Freude, als Geschäftsführerin des TRANSROMANICA-Vereins, heute die Laudatio für den dritten internationalen TRANSROMANICA-Preis halten zu dürfen, um auch in diesem Jahr das besondere und herausragende Engagement auf europäischer Ebene entlang der TRANSROMANICA-Mitgliedsregionen zu ehren.
Der TRANSROMANICA-Verein setzt sich dafür ein, das europäische Erbe der romanischen Kunst und Architektur zu fördern, touristisch aufzuwerten und somit eine nachhaltige Regional- und Wirtschaftsentwicklung zu unterstützen. TRANSROMANICA verbindet das gemeinsame kulturelle Erbe von 16 Regionen in zehn europäischen Ländern und hat es sich zum Ziel gesetzt, das romanische Erbe in den Mitgliedsregionen zu erforschen und die Bauwerke und Sehenswürdigkeiten der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Aber auch das kulturelle Erbe zu schützen und zu bewahren, die Geschichte des Bauwerks präsent zu halten und an kommende Generationen weiterzuvermitteln, liegt im Fokus des Vereins
Unsere drei Preisträgerinnen in 2024 haben dafür eine ganz außergewöhnliche Möglichkeit ins Leben gerufen. Am romanischen Kaiserdom in Königslutter am Elm in Niedersachsen, der eines der bedeutendsten romanischen Bauwerke Europas darstellt, durch Lothar III. 1135 seine Grundsteinlegung fand und zur Stiftung des Braunschweigischen Kulturbesitzes als Mitglied der TRANSROMANICA gehört, haben die Preisträgerinnen einen ganz besonderen und geschützten Ort für junge Menschen entwickelt. Er vereint die Wertschätzung des Kulturerbes, die Vermittlung von Wissen und die nachhaltige Zugänglichkeit eines geschichtsträchtigen Bauwerks.
Mit dem dritten internationalen TRANSROMANICA-Preis werden für das besondere ehrenamtliche Engagement und ihre außergewöhnliche Arbeit am Außerschulischen Lernort des Kaiserdoms in Königslutter am Elm, Frau Dr. Birgit Heinz, Frau Christine Jahn und Frau Kathrin Schneider ausgezeichnet.
Die Idee zum ALO entstand im Zuge der Ausbildung neuer Domführer vor über 15 Jahren, die sich am (nach jahrelanger Restaurierung wiedereröffneten Kaiserdom) zusammengefunden hatten. Mit dem Wunsch, Bildung direkt vor Ort anzubieten, schufen sie etwas Einzigartiges: Den Außerschulischen Lernort am Kaiserdom. Im Laufe der Jahre entwickelten sie eine breite Palette an Bildungsprogrammen, die interdisziplinär an den Lehrplan angepasst und insbesondere für Grund- und weiterführende Schulen geeignet sind. Biologin Frau Dr. Heinz und Juristin Frau Jahn waren von Anfang an dabei, ganz unabhängig voneinander. Frau Dr. Heinz mit ihrem Traum, den Klosterkräutergarten wieder zu beleben; Frau Jahn mit der Idee, die Schablonenmalerei in Kursen weiterzugeben.
Mit viel Motivation im Gepäck und dem Ziel, die Identität junger Menschen mit einem Stück Heimat zu stärken, entwickelte sich der ALO rasant. Nach kürzester Zeit baute das heute elfköpfige Team rund um Frau Dr. Heinz und Frau Jahn als Projektleiterinnen zusammen mit Goldschmiedin Frau Schneider Workshop um Workshop auf und legte den Fokus auf die Integration vielfältiger sowie einzigartiger
Themengebiete. Die Nachfrage durch Schulen in Königslutter und Umgebung wuchs stetig. Auch überregional sprach sich der ALO schnell herum. Jährlich kommen heute etwa 1000 SchülerInnen aus Königslutter sowie aus Wolfsburg, Braunschwieg, Wolfenbüttel, aber auch aus Sachsen-Anhalt zum ALO an den Elm, um am Kaiserdom ein lebendiges Klassenzimmer zu erleben. Besonders zu bestimmten Spitzenzeiten im Schuljahr sind die Damen wochenlang unermüdlich im Einsatz, manchmal sogar mehrmals pro Woche. 11 Workshops rund um Kreativität, Geschichte, Religion, Musik, Architektur und Kräuterkunde machen ihn zu etwas ganz Besonderem. Zusätzlich werden auch Projekttage für Schulen und weitere Aktionen, wie der Gospelworkshop, der mit einem Konzert im Dom endet, angeboten. SchülerInnen können hier außerdem hautnah erleben, wie der Alltag eines Mönchs vor 1000 Jahren ausgesehen hat.
Vor allem die Vermittlung im eigens wieder angelegten Klosterkräutergarten mit Bezug auf das Schulfach „Biologie“ sei hier zum einen besonders hervorzuheben:
SchülerInnen setzen sich mit der mittelalterlichen Kräuterkunde auseinander. Welche Arzneipflanzen wofür genutzt wurden, um diese im Anschluss selbst zu Tees und Salben zu verarbeiten.
Sie erforschen Aromen und ätherische Öle, die Inhaltsstoffe vieler Kräuter- und Heilpflanzen und komponieren am Ende ihr eigenes Parfüm aus unterschiedlichen, natürlichen Komponenten.
Außerdem werden sie in Bezug auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz sensibilisiert. SchülerInnen erarbeiten sich, welche kleinen Veränderungen sie in ihren Alltag integrieren können, um die Artenvielfalt zu erhalten und zu fördern und wie sie mit kleinen Maßnahmen ihren ökologischen Fußabdruck ein wenig verringern können.
Ein weiteres Augenmerk liegt auf der praktisch-künstlerischen Auseinandersetzung mit der einzigartigen Gestaltung des Doms im Schulfach „Kunst“. Besonders hervorzuheben ist das Programm zur besonderen Malweise der „Schablonenmalerei“ nach Essenwein.
Die SchülerInnen begeben sich auf die Spuren der vielfältigen Malereien im Kaiserdom und fertigen selbst Motive nach Schablonen oder eigenen Entwürfen an, um im Anschluss die Schablonen mit Pinsel und Farbe zu Papier zu bringen oder damit Textilien zu designen und zu bedrucken.
Sie gehen auf eine Entdeckungsreise durch den Kaiserdom und lernen, wie Bücher und Schriften in den Klöstern im Mittelalter hergestellt wurden. Dabei beschäftigen sie sich mit den Arbeiten im Skriptorium, um anschließend mit Federkiel und Tinte ihre eigene Schmuckinitiale zu entwerfen.
Sie sehen also, dass das Motto „Kaiserdom macht Schule“ hier definitiv Programm ist und die SchülerInnen mit allen Sinnen lernen dürfen und vor allem auch wollen.
In 2024 geht der ALO am Kaiserdom in Königslutter in das 15. Jahr seines Bestehens. Bildung an solch einem geschichtsträchtigen Bauwerk direkt vor Ort anzubieten, ist ein Geschenk für die SchülerInnen und trägt nachhaltig zur Entwicklung junger Menschen bei. Durch die mit dem Projekt verbundene, stetig wachsende Wertschätzung des Kulturerbes und seinem ganz besonderen romanischen Bauwerk, trägt der ALO nachhaltig zur Entwicklung junger Menschen bei und schafft Nähe und Verbundenheit zur kulturellen Identität auf überregionaler und landesweiter Ebene.
Die ehrenamtliche Arbeit der Projektleiterinnen Frau Dr. Birgit Heinz und Frau Christine Jahn, die mit Frau Kathrin Schneider und ihrem Team eine herausragende Bildungsarbeit leisten sucht ihres Gleichen. Um diese unermüdliche Hingabe und ihr einzigartiges Engagement zu würdigen, bitte ich jetzt die drei Damen auf die Bühne, um den TRANSROMANICA-Preis 2024 entgegenzunehmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!